interCoronales: Ludwig Boslet

(1860 – 1951)

Toccata, Introduction und Fuge,
Opus 33


Joachim Fontaine, Orgel

Klaus Eisenbarth und Josepha Fontaine, Fotomaterial
Theo Zimmermann, Assistenz
Josepha und Juliana Fontaine, Registrantinnen
Franz Josef Altmeyer, Tontechnik, Aufnahmeleitung und historische Beratung

Zur Orgel: Die Haerpfer-Erman-Orgel der Katholischen Kirche Sankt Katharina in Wallerfangen ist eine der schönsten historischen Orgeln des Saarlandes und der Grande Région. 1870 war für die neu errichtete Pfarrkirche von der Trierer Orgelbauwerkstatt Breidenfeld & Söhne eine mechanische Schleifladenorgel mit einem Manual mit 13 Registern und einem sogenannten kleinen Pedal mit 7 Registern errichtet worden. 1883 wurde die Orgel von Dalstein & Haerpfer in Boulay um ein zweites Manual mit 8 Stimmen erweitert. Das Gehäuse der Orgel war bereits für ein zweites Werk vorbereitet. Im Gegensatz zum I. Manual erhielt das II. Manual eine Kegellade. 
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die 1917 für die Munitionsproduktion abgenommenen Prospektpfeifen durch Orgelbauer Reimsbach aus Wallerfangen durch Zinkpfeifen ersetzt. 1976-78 überholte Haerpfer & Erman die Orgel, baute neue Prospektpfeifen aus Zinn ein, erweiterte den Umfang der Pedallade auf 30 Tasten, setzte den Spieltisch um und erneuerte die gesamte Mechanik. Das Obermanual wurde als Schwellwerk ausgeführt und erhielt wieder eine Schleiflade. Das Gehäuse wurde von alten Lacken befreit, gereinigt und farblich neu gefasst. 1994/95 renovierte Orgelbau Hugo Mayer die Orgel fachgerecht, überholte die Windanlage und das gesamte Pfeifenwerk. Die Stimmtonhöhe wurde von 448 auf 443 Hz herabgesetzt.

Zu Ludwig Boslet: „In Erfindung von schönen Themen und der kühnen Verarbeitung derselben ist der deutsche Komponist dem Franzosen weit überlegen.” Ludwig Boslet und César Franck im Vergleich, der für den Deutschen rühmlich endete: Anlass war ein Konzert Arno Landmanns, des "unübertrefflichen Orgelvirtuosen" (Karl Straube), der Boslets Opus 10, die e-moll Sonate an der mächtigen Orgel der Mannheimer Christuskirche zum Besten gegeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Ludwig Boslet bereits arriviert, als Virtuose, Lehrer und Komponist. Und doch war er, was seine Tätigkeitsfelder anging, ganz der alte geblieben: Wie bei vielen Orgelvirtuosen und -komponisten seiner Zeit verlief sein Werdegang zwischen Kirche und Schule. Boslet, geboren auf der Sickinger Höhe, war als Dorfschullehrer und Organist tätig, studierte dann bei Immanuel Faißt in Stuttgart und bei Josef Rheinberger in München. Er wirkte zehn Jahre in St. Ingbert, bevor er zum Domorganisten in Trier ernannt wurde. 
Sein Opus 33, Toccata, Introduction und Fuge, hat Boslet im Jahre 1913 dem Straßburger Universitätsdozenten und Organisten Marie-François-Xavier Mathias gewidmet.

Boslet war einer der ersten, der Werke französischer Komponisten in seinen Konzerten öffentlich spielte. Auch Alexandre Guilmant soll Orgelwerke Boslets im Pariser Trocadéro präsentiert haben.  Die Toccata des op. 33 ist in Boslets Œuvre singulär. Sie orientiert sich am französischen Typus der Gattung und bettet ihre Melodik in verspieltes Figurenwerk ein. Nach einer kurzen pompösen Überleitung steigert sich die Fuge, die sicherlich zu den effektvollsten Werken Boslets zählt, zum virtuosen Bravourstück mit fulminantem Abschluss. 

Eine Doppel-CD-Box mit Boslets sämtlichen sechs Sonaten und einer Auswahl freier Werke, die Joachim Fontaine an historischen Orgeln in Kaiserslautern, Völklingen, Trier und St. Ingbert eingespielt hat, ist 2012 bei dem Label querstand (Leipzig/Altenburg) erschienen.

Joachim Fontaine studierte in Saarbrücken, Basel, Oxford und Paris. Als Solist, aber auch als Dirigent der von ihm gegründeten Ensembles Kantorei Saarlouis, Ensemble UnaVolta, La Grande Société Philharmonique und Ensemble Séraphita ist er immer wieder auf Entdeckungsreisen und hat – in Zusammenarbeit mit Rundfunkanstalten und CD-Labels – zu Unrecht vergessene Komponisten aus dem Abseits der Musikgeschichte zurückholen dürfen. Er unterrichtet am Ludwigsgymnasium Saarbrücken und am Robert-Schuman-Gymnasium Saarlouis Musik und Philosophie, er hält Lehraufträge an der Hochschule und Universität des Saarlandes und ist als Autor für Fachverlage und verschiedene Rundfunkanstalten (WDR, BR, radio 100komma7) tätig. Mit seiner Familie lebt er in Saarlouis.

Das digitale Projekt der Akademie für Alte Musik im Saarland e. V. „interCoronales, zwischen Fermaten – zwischenFormate“ wird vom Ministerium für Bildung und Kultur des Saarlandes gefördert.